Treitschke

Treitschke
Treitschke,
 
Heinrich von, Historiker und politischer Publizist, * Dresden 15. 9. 1834, ✝ Berlin 28. 4. 1896; wandte sich, wegen fast völliger Taubheit in öffentlich-politischer Tätigkeit behindert, der Wissenschaft zu, wurde 1863 Professor für Staatswissenschaft in Freiburg im Breisgau. In zahlreichen, meist in den »Preußischen Jahrbüchern« veröffentlichten Aufsätzen, trat Treitschke für die deutsche Einigung unter preußischer Führung ein und lehrte, dass persönliche Freiheit den starken Staat zur Voraussetzung habe. Als sich 1866 Baden den Gegnern Preußens anschloss, legte Treitschke seine Professur nieder und wurde in Berlin einer der wichtigsten publizistischen Mitarbeiter Bismarcks, der »Herold der Reichsgründung«. 1866 wurde Treitschke Professor der Geschichte in Kiel, 1867 in Heidelberg, 1874 in Berlin, nach L. von Rankes Tod 1886 auch Historiograph des preußischen Staates. Als Mitglied des Reichstages 1871-84 (anfangs nationalliberal, nach 1879 parteilos) trat er für eine zentralistische Reichsführung ein und bekämpfte den Sozialismus. Daneben vertrat er v. a. im Widerspruch zu T. Mommsen antisemitische Positionen (»Antisemitismusstreit« an der Berliner Universität). In seinen viel besuchten Vorlesungen über Politik vertrat er den Gedanken des Machtstaats, der allerdings ethisch gebunden sein sollte. Sein Hauptwerk, die »Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert« (5 Bände, 1879-94) hat das Geschichtsbild des deutschen Bürgertums entscheidend bestimmt und im Ausland das Deutschlandbild geprägt. Mit seiner antisemitischen, antisozialistischen und anglophoben Grundhaltung hat Treitschke auch zur Verfestigung entsprechender Feindbilder im Bürgertum beigetragen und so auf den deutschen Nationalismus eingewirkt.
 
Ausgaben: Politik. Vorlesungen,. .., herausgegeben von M. Cornicelius, 2 Bände (1897-98); Briefe, herausgegeben von demselben, 4 Teile, (1-21913-20).
 
 
G. Iggers in: Dt. Historiker, hg. v. H.-U. Wehler, Bd. 2 (1971);
 K. H. Metz: Grundformen historiograph. Denkens. Wissenschaftsgesch. als Methodologie, dargest. an Ranke, T. u. Lamprecht (1979);
 U. Langer: H. v. T. Polit. Biogr. eines dt. Nationalisten (1998).
 

Universal-Lexikon. 2012.

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